Eisenberger Straße 27 - Sägewerk Opel - "Gummibieder"

 
Laut Adressbuch von
- 1912 waren im Haus die Witwe Ernestine Opel (von August) und Louis Opel gemeldet. Im Jahr
- 1925 ist er als Holzhändler verzeichnet.
- 1928 als Dachspänefabrikant, Sägewerk und Holzhändler. In den Jahren
- 1939 und 1948 wird nur noch Holzhändler angeführt.
Bis zu dieser Zeit war das Haus die Eisenberger Str. 25.
 
Louis Opel, heiratete eine Tochter des Geschäftsmannes Engelbert Bieder aus Gera, der mit Gummiwaren aller Art handelte. Als Opel später das Geschäft übernahm, setzte sich der Spitzname "Gummibieder" auch in Hermsdorf durch. Opel legte sein Geld in Hermsdorf hauptsächlich in Häusern und privaten Krediten an. Er vergab speziell private Hypotheken an Hermsdorfer Bürger.

Kopfbogen Opel

Nachfolgende Ausführungen blieben erhalten:

Klänge aus vergangenen Zeiten [ siehe unten 1.]

Mein Vater August Opel [ siehe unten 2.] wurde im Jahre 1838 geboren. Er hat mir erzählt, was er noch von seinem Vater wusste, und zwar folgendes:

Um das Jahr 1806 [ siehe unten 3.] herum kamen feindliche Heere unter Napoleon nach Thüringen und auch nach Hermsdorf. Damals war Hermsdorf ein kleines Wald Dorf, dessen Einwohner aus kleinen Bauern und Holzarbeitern bestand. Die Einwohner flüchteten tief in den Wald hinein. Dieser Wald zog sich bis zum Wolfchen Haus
[ siehe unten 4.] neben Lebensmittel Beyer und südlich bis an das jetzige HESCHO Gelände [ siehe unten 5.] . Also bestand Hermsdorf nur aus wenigen Häusern, welche ringsum von Wald umgeben waren, sodass nur wenige Felder zur Verfügung standen. Die Einwohner nahmen bei der Flucht ihr Vieh und ihre Habe mit. Tief in dem Walde machten sie sich ein großes Feuer und kochten dort und schlugen ihre Zelte auf. Dort wo sie abkochten nannten sie später diesen Teil den Kochwinkel [ siehe unten 6.], welcher Name auch heute noch in der Straßenbezeichnung besteht.

Mein Vater hat dann folgendes selbst erlebt:

Im Jahre 1848 entbrannte eine Revolution, die auch auf Hermsdorf übergriff, indem sich die Männer unter dem damaligen Bärenwirt Wilhelm Geßner [ siehe unten 7.], zusammenfanden und zu diesem Kampfe mit Holzgewehren ausbilden ließen. Diese Ausbildung erfolgte auf der sogenannten Teichwiese und späteren Eierwiese, wobei sich auch die Kinder tummelten. Die Kinder schenkten sich Rot gefärbte und gekochte Eier, warfen sie in die Luft und wenn sie entzwei waren, wurden die Eier verspeist. Die Männer traten im Bärenhof zusammen und unter der Führung von Wilhelm Geßner (den sie zum Hauptmann machten), wobei dieser einen Schimmel ritt ging es zur Ausbildung auf die zum Bären gehörende Teichwiese. Eine grüne Fahne gehörte dazu, die nach der Revolution in der Kirche aufbewahrt wurde. Die Revolutionäre hatten auch einen Musikchor. Das Grab von Wilhelm Geßner befindet sich heute noch im Friedhof, versehen mit einem Eisengitter. Die Revolutionäre nannten sich Freischar. Die Männer wurden damals von 16 - 30 Jahren zum Ausbildungsdienst gezwungen. Nach einiger Zeit kam Befehl zur Auflösung, da Militär gekommen war. Damit wurde alles verboten. Von wo das Militär kam, war nicht bekannt geworden, ebenso war nichts bekannt geworden aus welchen Gründen revolutioniert worden ist. Jedenfalls war es im Jahre 1848 um die Osterzeit, denn es kamen Kinder aus der Schule, bzw. wurden konfirmiert.


  1. Verfasser des Schreibens war Louis Opel (*23.06.1874 † 19??) „Langer Schulmester“, dessen Vater war Friedrich August Opel *05.10.1834 † 1910)  
    und der Großvater Johann Wilhelm Opel (*1800 † 1858).

  2. Diese Opel – Linie  wohnten in der Eisenberger Straße 25 heute 27.

  3. Am 12.10.1806 zogen Napoleons Truppen in zwei Kolonnen von Gera in Richtung Triptis – Saalfeld und über Köstritz, Serba zu den beiden Schlachtfeldern bei
    Jena und Auerstedt. Ein kleiner Teil davon kam möglicherweise dabei auch nach Hermsdorf. Die alten Geschichten über 100.000 Franzosen in Hermsdorf sind völlig falsch - siehe auch hier.

  4. Das „Wolfche“ Haus, daneben Gemüse Beyer, stand an der Ecke Gartenstraße, Eisenberger Straße. Das Haus wurde Karfreitag 1983 abgerissen,
    unter Einbeziehung Gemüse Beyer entstand ein neues Haus – heute die Raiffeisenbank.

  5. Das HESCHO Gelände war 1948 begrenzt durch die Naumburger Straße – Eisenberger Straße (Bahnhofstraße) und die Bahnlinie Gera – Weimar. Insofern ist
    diese Beschreibung nicht korrekt. Das alte Hermsdorf, um 1806 bestand aus der heutigen Alten Regensburger Straße, Eisenberger Straße (ab Gasthof
    „Zur Linde“ bis zur Kreuzung Felsenkellerweg und der Bergstraße (bis zur Kreuzung Schillerstraße).

  6. Diese Art der Flurbezeichnung muss angezweifelt werden. Die Kochwinkelgasse befindet sich in unmittelbarer Nähe der Bergstraße, also nicht „tief im Wald“.
    Für die Flur- / Straßenbezeichnung „Kochwinkel“ gibt es bisher keine eindeutige Erklärung.

  7. Nicht Wilhelm, sondern Georg Friedrich Geßner war laut 1936 gefundener Urkunde im alten Altar Besitzer und Gastwirt. Georg Karl Friedrich Gessner war von 1828 bis 1875 Gastwirt. Wilhelm Geßner fungierte 1843 als Wirt.
Aufstellung Lager Kleinbetriebe
Louis Opel war mit zwei Anteilen am Bau des Zwangsarbeiterlagers, des sogenannten Lagers der Kleinbetriebe, beteiligt, dem Z-Lager im Ziegeleiweg.
Das Z - Lager, auch als „Gemeinschaftslager der Kleinbetriebe“ bezeichnet, wurde durch mittelständige Betriebe errichtet, um deren Arbeitskräftemangel zu begleichen.
Das Lager bestand aus 4 Baracken. Die Errichtung war mit der Grund der Enteignung der Betreiberfirmen in der Zeit der sowjetischen Besatzung.
Das Haus wurde dann staatlich "verwaltet". Renoviert oder saniert wurde nie etwas.
 

Im Jahr 1948 wurden erstmals Traktoren und Mähdrescher der Großbauern zugunsten der Neubauern „vorübergehend requiriert“. Ein Jahr später entstanden „MAS“ (Maschinen-Ausleih-Stationen), welche die Maschinen aus Privatbesitz zeitweilig übernahmen. Aus diesen gingen 1950 die „MTS“ (Maschinen-Traktoren-Stationen) hervor, die bald die Einzelbauern gegenüber den LPGs benachteiligten. Die "MTS" (Maschinen-Traktoren-Stationen) konzentrierten landwirtschaftliche große Geräte.
Die in Hermsdorf gebildete MTS Schlöben, Brigade Hermsdorf, befand sich in der Eisenberger Straße 27.

Schreiben an den VEB KWH
Schreiben an den VEB KWH
Fahrzeuge der MTS Schlöben, Brigade Hermsdorf, zum Festumzug 1956 der 700-Jahr-Feier.
Fahrzeuge der MTS Schlöben, Brigade Hermsdorf, zum Festumzug 1956 der 700-Jahr-Feier.
 

In Hermsdorf wurde die MTS Schlöben, Brigade Hermsdorf gebildet. Diese hatte ihren Sitz in der Eisenberger Str. 27. Am 29.09.1958 erfolgte die Gründung der LPG. Seit Anfang der 1960er Jahre erfolgte systematisch eine Übergabe der Landmaschinen an die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften. Die MTS wurden 1964 in Kreisbetriebe für Landtechnik (KfL) umbenannt. Deren Aufgabe beschränkte sich auf die Wartung und Reparaturen der Landmaschinen. Die MTS Schlöben, Brigade Hermsdorf wurde aufgelöst.

 

Hausansicht im Jahr 1957
Hausansicht im Jahr 1957
Der Dachdeckermeister Hans Nützer hatte 1964 das Dach erneueret und im Dachboden seine Spuren hinterlassen.
Der Dachdeckermeister Hans Nützer hatte 1964 das Dach erneueret und im Dachboden seine Spuren hinterlassen.
Hausansicht 1984
Hausansicht 1984 - Seitenfront.
Hausansicht 2013
Hausansicht 2013
Hausansicht 2013
Hausansicht 2013
Blick in den ehemaligen Hof
Blick in den ehemaligen Hof
Blick in den ehemaligen Hof
Blick in den ehemaligen Hof
Blick in den ehemaligen Hof
Blick in den ehemaligen Hof

Eine Rückübertragung war nach der Enteignung durch die sowjetischen Besatzer war nach der Wende durch Verträge ausgeschlossen. Nachfahren kauften das Grundstück dann von der Stadt zurück, wobei durch den Bürgermeister "alles bestens geregelt" wurde. Die Kosten für den Abriss der linken Haushälfte und die Dachsanierung mussten so durch die Stadt getragen werden. Außerdem wurde ein Radweg zur Umgehenungsstraße Richtung Globus gebaut.
Ansicht des Hauses 2015
Ansicht des Hauses 2015
Die Nachfahren verkauften - sicher ohne Verluste - das Haus an einen Hermsdorfer, der dieses nunmehr als Wohnhaus ausbaut.
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